Kino am Raschplatz bei Tag Foto: Sybille Mollzahn, Mathias Sjuts Foto: Sybille Mollzahn, Mathias Sjuts

Die Kunst des Filmezeigens

14. Mai 2024

Nicht nur unterhalten, sondern zum Denken anregen – das ist der Anspruch des Kinos am Raschplatz.

Mehrfach ist das Kino am Raschplatz in Hannover für sein Filmprogramm ausgezeichnet worden. Geschäftsführer Torben Scheller weiß, welche Ansprüche ein Programmkino erfüllen muss, um erfolgreich zu sein.

Torben Scheller Foto: Aaron Leithäuser
Torben Scheller Foto: Aaron Leithäuser

Seit 2010 ist Torben Scheller in der Funktion als Geschäftsführer für die insgesamt drei Hannoveraner Programmkinos, auch Filmkunstkinos genannt, tätig. Vom Personalmanagement zu Serviceleistungen wie Programmkonzeption, Filmeinkauf und Mietvertragsverwaltungen ist er für alle Belange, die das Kino am Raschplatz betreffen, verantwortlich. Rund 20 Mitarbeitende unterstützen ihn dabei. „Wir arbeiten mit flachen Hierarchien, fast alle können alles“, beschreibt Torben Scheller die Arbeitsweise.  

Das Kino am Raschplatz ist mit vier Leinwänden das größte Programmkino in Hannover. Mit jeweils einer Leinwand ergänzen das Apollo und die Hochhaus-Lichtspiele das filmische Angebot.

Programmkonzeption mit Weitblick

„Grundsätzlich möchten wir den Besuchenden Filme bieten, die unterhalten, aber auch zum Denken anregen“, fasst Scheller die Ziele des Kinoprogramms zusammen, das er selbst zusammenstellt. Interessant sei alles aus dem kulturellen Bereich, was mit einem hohen Nachfrage-Potenzial bei den Besuchenden einhergehe, denn: Im Gegensatz zu kommunalen Kinos sind Filmkunstkinos unabhängige gewerbliche Unternehmen und müssen deshalb wirtschaftlich arbeiten, um ihr Bestehen zu sichern.  

Um ein attraktives Filmprogramm zu konzipieren, pflegt Torben Scheller einen engen und vertrauensvollen Austausch mit verschiedenen Filmverleihern, liest Filmkritiken und verfolgt regionale sowie internationale Filmfestivals. Ein Großteil der Besuchenden entscheide aufgrund von positiver Berichterstattung ins Kino zu gehen, weiß der Geschäftsführer.  

Kino erleben statt Kino besuchen

Er selbst greife bei der Filmauswahl oft auf seine Erfahrungswerte und Intuition zurück: „Bestimmte Regisseure und Schauspieler stehen für bestimmte Arten von Filmen, die für uns interessant sein könnten. Die behalte ich besonders im Auge. Und natürlich schaue ich mir die Filme dann selbst einmal an.“

Gegründet am 16. September 1977, erfreute sich das Kino am Raschplatz schnell hannover-weit großer Beliebtheit. Nicht nur das vielfältige Filmprogramm, sondern auch Publikumsdiskussionen und Veranstaltungen, zu denen bekannte Regisseur:innen und Schauspieler:innen eingeladen wurden, machten den Kinobesuch zu einem besonderen Erlebnis.

Diesen Ansatz verfolgt das Kino noch heute. Neben aktuellen Verkaufsschlagern und Kinderfilmen, werden Filmklassiker oder Dokumentarfilme außerhalb des Mainstreams gezeigt. „Es ist uns ein Anliegen, dass wir Filmen mit einer besonderen kulturellen oder gesellschaftlichen Brisanz eine Spielfläche bieten“, betont Scheller. „Auch wenn diese oft weniger bekannt sind.“ In solchen Fällen sei die Herausforderung, das Publikum für diese Nischenfilme zu begeistern.

Preisgekröntes Filmprogramm

Oft sind diese Filme für das Schulkino relevant. Das Einbinden von Bewegtbildern in Lehrpläne spielt eine immer größere Rolle. Stilmittel, Ästhetik und Erzählweisen von Filmen können auf medienpädagogischer Ebene analysiert und interpretiert werden. Englische, französische und spanische Filme werden in Originalfassung mit Untertiteln angeboten und finden Anwendung im Fremdsprachenunterricht.  

Bei Bedarf können sich interessierte Lehrkräfte beim Kino am Raschplatz melden und beraten lassen, welche Filme zum Lehrplan passen. Als Ergänzung gib es die Möglichkeit, einen Newsletter zu erhalten, der über Filmtipps für Schulvorstellungen informiert.

Kinosaal Foto: Sybille Mollzahn, Mathias Sjuts
Kinosaal Foto: Sybille Mollzahn, Mathias Sjuts

Die Vielfältigkeit des Kinoprogramms – aktuelle Filme, Dokumentationen, Kinderfilme kombiniert mit regelmäßigen Events mit Schauspieler:innen und Regisseur:innen – wurde in den letzten Jahren stets vom Land Niedersachsen/nordmedia mit dem Kinopreis prämiert. „2019 wurden wir sogar als bestes Kino Deutschlands mit dem Spitzenpreis des Bundesministeriums für Kultur und Medien ausgezeichnet“, berichtet Torben Scheller stolz.  

Vier Säle mit über 400 Sitzplätzen

Von Juli 2007 bis Mitte Februar 2010 war das Kino am Raschplatz aufgrund von aufwändigen Renovierungs- und Umbauarbeiten geschlossen. Neben einer Modernisierung und Erweiterung des Foyers wurde auch die Sitzplatz-Kapazität erweitert. In den insgesamt vier Sälen des Kinos am Raschplatz finden nun 440 Personen Platz. Statt Nummerierungen tragen die Kinosäle eigene Namen: „Hollywood“, „Fairbanks“, „Colosseum“ und „Graffiti“.

Einen Trend, was die Beliebtheit von Programmkinos betrifft, kann Torben Scheller nicht erkennen. „Es ist ein auf und ab. Das ist tatsächlich immer abhängig von den gezeigten Filmen und kann sich innerhalb von ein paar Wochen ändern.“ Deswegen legt er weiterhin den Fokus auf das altbewährte Erfolgsrezept: eine abwechslungsreiche Filmprogrammkonzeption, um den Besuchenden ein spannendes Kinoerlebnis zu bieten.