Hausaufgaben (sind stets lästig,) für einige Kinder (aber) schier unerfüllbar – gut wenn dann Hilfe nah ist! Foto: © Stock Rocket – stock.adobe.com Foto: © Stock Rocket – stock.adobe.com

Es geht bei uns immer um das Miteinander

14. Mai 2024

Die Ehrenamtsarbeit für Hannover von Aktiven der Informations- und Koordinationsstelle für ehrenamtliche Mitarbeit (IKEM)

Wenn Ulrike Hollstein so erzählt, was Ehrenamtliche alles leisten, wie sie zunächst fremde Menschen auf ihrem Lebensweg äußerst hilfreich begleiten, dann sind das Geschichten, die einem ans Herz gehen. Die Sozialarbeiterin aus dem Fachbereich Soziales der Landeshauptstadt leitet die IKEM zusammen mit Seher Kandemiroglu. Für IKEM sind rund 140 Ehrenamtliche aktiv, die bei der Kinderbetreuung helfen, bei Behördengängen dabei sind, Nachhilfe und Hausaufgaben für Kinder begleiten sowie Menschen in schwierigen Lebenslagen unterstützen oder Geflüchtete auf eine Deutschprüfung vorbereiten.

Klettern erfordert Vertrauen – auch und vor allem in die eigenen Kräfte! Foto:  © Alexander Rochau – fotolia.com
Klettern erfordert Vertrauen – auch und vor allem in die eigenen Kräfte! Foto: © Alexander Rochau – fotolia.com

Pensionierter Sportlehrer klettert mit Sehbehindertem

Nach konkreten Beispielen gefragt fällt Ulrike Hollstein sofort der pensionierte Sportlehrer ein, der mit einem Sehbehinderten regelmäßig zum Klettern geht. „Das ist eine Win-Win-Situation für beide, absolut großartig“, schwärmt sie. Ohne IKEM, das es seit 1990 gibt, hätten die beiden vermutlich nie zueinander gefunden. Der heute etwa 80-Jährige, absolut fitte Sportlehrer hat eine sinnfüllende Aufgabe gefunden; der Ende 30-Jährige wäre allein nie Wände emporgestiegen. Gerade bei solchen Aktivitäten ist Vertrauen wichtig. „Es geht bei uns immer um das Miteinander“, betont sie, und das betrifft alle Bereiche.

Genau hinhören und Bedürfnisse erkennen

Seher Kandemiroglu zählt auf welche Qualitäten Ehrenamtliche mitbringen sollten: „Sensibel sein, genau hinhören, die Bedürfnisse erkennen und vor allem nicht aufgeben“. Ausdauer ist nötig, denn es kann schon einmal Krisen geben, die Kraft erfordern. Die eigenen Stärken und die des oder der anderen erkennen, ist eine Voraussetzung, das Ehrenamt gut zu erfüllen. „Wenn es Probleme gibt, sind wir da und unterstützen“, betont die Sozialarbeiterin. „Es sind viele schon über Jahre oder gar Jahrzehnte dabei“, beschreibt die Sozialarbeiterin das Bild, das sie ständig neu auf den Treffen gewinnt. Denn alle nehmen regelmäßig an Gruppenangeboten teil, bei denen die Erfahrungen ausgetauscht werden. 

Der Weg zum Ehrenamt ist kurz

Wer Interesse hat, meldet sich bei IKEM und wird zu einem kostenfreien Qualifizierungskurs eingeladen. Das sind drei Abende und ein Samstag, zusammen etwa 20 Stunden, an denen geklärt wird, welche Rolle die Helfenden einnehmen, was sie dürfen, was nicht und in welchem Bereich möglichst in Wohnortnähe sie ehrenamtlich tätig sein möchten. Umgekehrt bekommt IKEM Anfragen von Hilfesuchenden aus allen Bereichen der städtischen Arbeit.

Frank Wiele Foto: Knut Diers
Frank Wiele Foto: Knut Diers

Aus der Praxis – Frank Wieler der „Ersatz-Opa“

Wer Frank Wiele zuhört, gewinnt den Eindruck, er habe eine quicklebendige Enkelschar von inzwischen Anfang 20-Jährigen, ist Problemversteher, Berufsbegleiter und bester Kumpel in einer Person. Das Großartige: Er hat drei Jungen aus unterschiedlichen Familiensituationen mehr als zehn Jahre lang als Ehrenamtlicher der Stadt Hannover begleitet.

„Ich hatte mit Mitte 50 meinen Job verloren und wollte unbedingt anderen helfen, also ging ich zu IKEM“, blickt Frank Wiele zurück. Dort präsentierte er seine Vorbildung als Mitarbeiter einer Werkstatt für psychisch behinderte Menschen und seine pädagogische Zusatzausbildung. „Wir schauen mal, welche Kinder dringend Hilfe benötigen“, sagte damals die Leiterin von IKEM. Das ist mehr als zwölf Jahre her. 

Hilfe für Sohn einer Alleinerziehenden

Der erste war der fünfjährige Sohn einer alleinerziehenden Mutter. Der Vater hatte sich ins ferne Ausland abgesetzt. „Es war Zuneigung auf den ersten Blick zu dem Kleinen, der angeblich an ADHS litt“, erzählt Frank Wiele. Die Hyperaktivitätsstörung konnte der erfahrene Pädagoge schnell einordnen. Frank Wiele ging mit ihm schwimmen, auf den Spielplatz oder auf Ausflug in den Harz. Später betreute er den Jungen bei den Hausaufgaben. Heute hat der 19-Jährige sein Abitur gemacht und studiert Chemie. 

Hilfe für 13-jährigen Förderschüler

Den zweite war ein 13 Jahre alter Jungen. Er ging damals zur Förderschule und war etwas aufsässig. „Das legte sich schnell“, meint Frank Wiele rückblickend. Auch mit ihm hat er viel unternommen. Heute hat der inzwischen 23-Jährige eine Lehre als Verkäufer mit Bravour bestanden und arbeitet in dem Bereich erfolgreich weiter. 

Sehbehinderter braucht auch Hilfe

Der dritte Junge, den er betreut, ist sehbehindert und geht zu einer Blindenschule. Sein Vater ist blind, seine Mutter geistig behindert. So setzte sich der Ersatz-Opa intensiv für den Kleinen ein, alles rund ums Thema Inklusion. Das war ein voller Erfolg. Der heute 23-Jährige ist ebenfalls auf einem guten Weg.

Doch das Tollste ist: Alle drei Jungen, die Frank Wiele begleitet, sind Freunde geworden. „Wir sind gemeinsam unterwegs gewesen, haben zusammen etwas gekocht, Karten gespielt“, erzählt der Pädagoge. Die drei jungen Männer sind eng per Handy verbunden und haben viel voneinander gelernt. „Ich bin sicher, wir werden den Kontakt nicht verlieren und die untereinander auch nicht“, sagt der 71-Jährige.

 

Info

IKEM-Ehrenamtliche Mitarbeit