Studierende der Hochschule Hannover haben alljährlich die Chance, mit dem VGH-Fotopreis ausgezeichnet zu werden. Auf dem Bild zu sehen sind VGH-Vorstandsvorsitzender Dr. Ulrich Knemeyer, die Gewinnerin 2023 Jana Mai und der von ihr portraitierte James.  F Foto: VGH/Fokuspokus

Fotografieausbildung auf Weltniveau

14. Mai 2024

Ohne die Pressefotografie wüssten wir nicht, wie die Welt jenseits des Tellerrands aussieht.

Mit einer Reportage über die größte Müllkippe Neu-Delhis wurde Jonas Kakó zum Studium an der Hochschule Hannover zugelassen. Foto: Maximilian von Lachner
Mit einer Reportage über die größte Müllkippe Neu-Delhis wurde Jonas Kakó zum Studium an der Hochschule Hannover zugelassen. Foto: Maximilian von Lachner

Mit dem Studiengang „Virtual Journalism and Documentary Photography“ spielt die Hochschule Hannover bei der Ausbildung von Presse- und Dokumentarfotograf:innen weltweit in der ersten Liga.

Drei Imker mitten in der Wüste von Arizona: Mit diesem Foto errang der Hannoveraner Fotograf Jonas Kakó Weltruhm. Seine Aufnahme zeigt das Trio in Schutzanzügen bei der Versorgung von Bienenvölkern. Weil es im Südwesten der USA immer weniger regnet und der nahe Colorado River weitgehend ausgetrocknet ist, würden die Bienen ohne menschliche Hilfe nicht überleben. Für sein Bild wurde Kakó 2023 mit dem World Press Photo Award für Nord- und Mittelamerika ausgezeichnet. Der Wettbewerb um die besten Pressefotos der Welt gilt seit Jahrzehnten als der wichtigste im Bildjournalismus.

Internationales Renommee

Jonas Kakó, 1992 im schleswig-holsteinischen Kappeln geboren, begann 2013 sein Studium des Fotojournalismus und der Dokumentarfotografie an der Hochschule Hannover. Der Bachelor-Studiengang ist seit 2010 als erster in diesem Bereich in Deutschland akkreditiert. Vor allem unter der Leitung von Professor Rolf Nobel erwarb er sich internationales Renommee. Dass die Ausbildung in Hannover heute in einem Atemzug mit der am International Center of Photography in New York genannt wird, ist vor allem das Verdienst des 2016 ausgeschiedenen Fotografielehrers.

„Das Studium dauert acht Semester und bietet eine ausgewogene Mischung aus Theorie und Praxis“, berichtet Jonas Kakó. Ziel ist es anfangs, die Studierenden in die Lage zu versetzen, Erlebtes zu reflektieren und in persönliche Bildsprachen zu übersetzen. „Auf dem Programm stehen in dieser Phase etwa Seminare zu Themen wie Recherche oder Storytelling“, ergänzt der Fotograf. Ab dem dritten Semester können die Studierenden eigene Schwerpunkte setzen und an ihrem Profil arbeiten. Das fünfte ist der Praxis vorbehalten. Die Studierenden hospitieren bei Zeitungen oder Zeitschriften, mit denen die Hochschule kooperiert. So lernen sie den Alltag der Pressefotografen intensiv kennen.

Themen mit Relevanz

Direkt nach dem Abitur hatte es Jonas Kakó für drei Monate nach Indien verschlagen. Er fotografierte auf der größten Müllkippe der Hauptstadt Neu-Delhi und spürte den Spätfolgen des verheerenden Chemieunfalls von Bhopal nach. Diese Reportage reichte er zur Bewerbung in Hannover ein – und wurde angenommen.

Jedes Jahr geht die Sache für knapp 40 Bewerber:innen ähnlich gut aus. Bis sie sich endgültig für ihr Studium registrieren können, haben sie ein umfassendes Auswahlverfahren durchlaufen, zum Beispiel eine Mappe mit Musterfotos präsentiert. „Man muss ein Thema finden, das einen selbst wirklich brennend interessiert – möglichst natürlich eines mit einer gewissen gesellschaftlichen Bedeutung“, betont Kakó. An eventuelle Veröffentlichungen oder gar Wettbewerbe dürfte man dabei nicht denken. „Dennoch sollte man daran teilnehmen, selbst wenn die Siegchancen gering sind.“  

Studierende aus aller Welt

Die Erstsemester kommen aus Regenburg und Leipzig, aus Bremen und Stuttgart. Aber auch aus Österreich und Syrien, aus Tschechien und Bangladesch. Letztere gehören zur Internationalen Klasse, in der der sechsmonatige Unterricht durchweg in englischer Sprache erfolgt. In erster Linie werden damit Studierende von Partnerschulen wie der Danish School of Media and Journalism oder der Hiroshima City University angesprochen.  

Erfahrene Lehrkräfte und häufig auch preisgekrönte Fotograf:innen unterstützen sie darin, ihre Fähigkeiten im visuellen Bereich zu schärfen und eine eigene Bildsprache zu entwickeln. Dazu gehöre es darüber hinaus, so betont die Hochschule, eine persönliche Haltung gegenüber den Themen einzunehmen und zu wissen, wie sie sich mit ihren Fotos positionieren.

Das Studium habe seine Art zu fotografieren verändert, sagt Jonas Kakó. „Zunächst habe ich die klassische Reportage-Fotografie favorisiert, dann ist mein Stil peu à peu künstlerischer und dokumentarischer geworden.“ Zudem habe er es genossen, mit Kommilitoninnen und Kommilitonen Ideen und Stories zu entwickeln, zu verwerfen, neu aufzuziehen. Viele Kontakte aus den Studientagen, so bestätigen es auch andere Fotograf:innen, bleiben weit über die Zeit in Hannover hinaus bestehen.

Studierende der Hochschule Hannover haben alljährlich die Chance, mit dem VGH-Fotopreis ausgezeichnet zu werden. Auf dem Bild zu sehen sind VGH-Vorstandsvorsitzender Dr. Ulrich Knemeyer, die Gewinnerin 2023 Jana Mai und der von ihr portraitierte James.  F
Studierende der Hochschule Hannover haben alljährlich die Chance, mit dem VGH-Fotopreis ausgezeichnet zu werden. Auf dem Bild zu sehen sind VGH-Vorstandsvorsitzender Dr. Ulrich Knemeyer, die Gewinnerin 2023 Jana Mai und der von ihr portraitierte James. Foto: VGH/Fokuspokus

Studiengang im Wandel

So wie sich die Fotografie verändert, so wandelt sich auch der Studiengang an der Hochschule Hannover. Einst unter der Bezeichnung „Fotojournalismus und Dokumentarfotografie“ groß geworden, steht der heutige Name „Visual Journalism and Documentary Photography“ nicht nur für Internationalisierung, sondern auch dafür, Grenzen hinter sich zu lassen. Und das in vielfacher Hinsicht.

Die Akteur:innen arbeiten längst in interdisziplinären Teams an der crossmedialen Publikation von Inhalten und machen sich dabei modernste Techniken zunutze. Journalistische Themen werden nicht mehr nur als Foto und Text oder als Film und Ton veröffentlicht. Sie präsentieren sich als komplexe Einheiten aus Fotografie, Bewegtbild, Audio, geschriebenem Text und Grafik. Mit der Neuausrichtung des Studiengangs trägt die neue Leitungsgeneration um Professorin Karen Fromm und Professor Lars Bauernschmitt dieser Entwicklung auch in den Zeiten des digitalen Wandels Rechnung.  

Aber eines ist sicher: Für talentierte Fotograf:innen wie den jungen Jonas Kakó aus Kappeln an der Schlei wird dabei immer Platz sein.