Geigerin Johanna Ruppert bei CIRCLING REALITIES  Foto: Moritz Küsnter  © Foto: Moritz Küsnter ©

Klassische Musik neu gedacht

14. Mai 2024

Das Orchester im Treppenhaus trägt Klassik über den Tellerrand hinaus. 

Ein klassisches Konzert wirkt für viele junge Menschen wie ein verwirrendes Labyrinth voller ungeschriebener Verhaltensregeln und formaler Konventionen. Das Orchester im Treppenhaus durchbricht dieses Muster und verfolgt ein Ziel: Klassik für junge Menschen nahbar, genießbar und manchmal sogar tanzbar zu machen.  

Das Konzeptionsteam hinter dem Orchester im Treppenhaus, bestehend aus den 5 Musiker:innen Moritz Ter-Nedden, Thomas Posth, Johanna Ruppert, Yannick Hettich und Moritz Wappler, die außerdem auch die Stimmen des Klassik-Podcasts „Stocksteif & Prüde“ sind.
Das Konzeptionsteam hinter dem Orchester im Treppenhaus, bestehend aus den 5 Musiker:innen Moritz Ter-Nedden, Thomas Posth, Johanna Ruppert, Yannick Hettich und Moritz Wappler, die außerdem auch die Stimmen des Klassik-Podcasts „Stocksteif & Prüde“ sind. Foto: Moritz Küsnter ©

Aber was hat es mit dem Treppenhaus auf sich? Johanna Ruppert, Mitglied im Konzeptionsteam und Geigerin im Orchester, weiß die Antwort: „Es geht darum, klassische Musik in andere Kontexte zu setzen und deshalb auch aus den traditionellen Konzertsälen herauszubringen und sie an ungewöhnliche Orte zu tragen – sei es in verlassene Gebäude, Clubs oder eben ein Treppenhaus.“  

Das Ensemble selbst weicht mit einer unkonventionellen Besetzung von 18 Musiker:innen, die Streichinstrumente, Bläser sowie Akkordeon, Percussion und Klavier umfasst, vom Standard ab. Gemeinsam schaffen sie einen kreativen Raum, in dem verschiedene Konzepte zum Leben erweckt werden.

Klassik in allen Formen und Farben 

Beim beliebten Format „Disco“ wird mit klassischen Instrumenten Tanzmusik gespielt. „Das Publikum tanzt dann vor der Bühne und hat einen Riesenspaß“, erzählt Ruppert. Im „persönlichen Notfallkonzert“ werden individuelle Probleme von Personen aus dem Publikum bespielt und „mit einer Klassik-Infusion behandelt“, erklärt die studierte Musikerin mit einem Lächeln. „Das sind manchmal sehr bewegende Momente.“   

Johanna Ruppert ist in einer musikalischen Familie aufgewachsen. Stets stand ein Klavier im Wohnzimmer, lagen Geigen griffbereit, wurde gemeinsam musiziert. Als Teil des Konzeptionsteams entwickelt sie nicht nur neue Programme, sondern gestaltet aktiv die künstlerische Ausrichtung des Orchesters mit. Das neueste Format „Circling Realities“ knüpft an die Schnelllebigkeit der Welt und aktuelle Ereignisse an. „Wir sind mehr als Einsen und Nullen. Wir sind Kreise, die sich berühren, sich überschneiden. In ,Circling Realities‘ laufen Publikum und Musiker:innen während des Konzerts in sich bewegenden Kreisen, die auf den Boden projiziert werden“, erklärt Ruppert.     

Die Musik im Blut 

Ihre Herzensaufgabe ist und bleibt jedoch das Geigespielen. In der Saison proben Johanna Ruppert und die anderen Musiker:innen für Projekte regelmäßig gemeinsam. „Wir haben einen Proberaum in Hannover, dort werden die meisten Projekte vorgeprobt und dann geht es damit auf Tour.“, berichtet sie.  

Etwa sechs Stunden am Tag wird dann geprobt. „Zwischendrin und abends essen wir gemeinsam und verbringen generell viel Zeit miteinander – mit den Menschen, die dieselbe Leidenschaft im Blut haben wie man selbst“, sagt die Musikerin. „Das ist immer besonders schön.“ Denn so wird die Harmonie der Musiker:innen untereinander gestärkt. Und das ist wichtig, um das harmonische Zusammenspiel in Konzerten auf die Bühne zu bringen, für die das Orchester im Treppenhaus so bekannt ist.