Aktiv gelebter Glaube ist in jeder Hinsicht lebensbereichernd. Foto: © marlies plank – Fotolia.com Foto: © marlies plank – Fotolia.com

Religiöse Vielfalt

06. Mai 2024

Glaubensgemeinschaften bereichern das kulturelle und soziale Leben.

Weithin sichtbar ragt der charakteristische Turm der Marktkirche über den Dächern der hannoverschen Altstadt empor. Die südlichste Kirche im Stil der norddeutschen Backsteingotik, gebaut im 14. Jahrhundert, ist neuerdings um eine spektakuläre Attraktion reicher: Der Künstler Markus Lüpertz hat ein modernes Buntglasfenster dafür entworfen, das imposante 13 Meter hohe „Reformationsfenster“. Das farbkräftige Kunstwerk konnte allerdings erst nach einem jahrelangen Tauziehen eingebaut werden, es war in der Stadtgesellschaft heftig umstritten. Denn es zeigt neben einer stilisierten Luther-Figur unter anderem fünf dicken Fliegen, die man als Symbole des Bösen deuten kann. Der Kirchenvorstand hat sich am Ende durchgesetzt – und kann sich über die lebendigen Debatten freuen, denn sie locken Neugierige in die offene Citykirche und wecken Interesse für Kultur- und Glaubensfragen.

Die christlichen Kirchen 

Die großen christlichen Kirchen verlieren auch in Hannover an Zulauf. Am mitgliederstärksten sind immer noch die 60 Gemeinden des evangelisch-lutherischen Stadtkirchenverbands, der Hannover, Garbsen und Seelze umfasst. Neben zahlreichen sozialen Einrichtungen sind die Telefonseelsorge (Tel. 0800-1110111) und die Diakoniestationen wichtige Pfeiler ihrer gemeinnützigen Arbeit. Die evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers ist die größte in Niedersachsen, sie hat ihren Sitz in der Calenberger Neustadt. Zur Katholischen Kirche in Hannover und im Umland gehören 23 Pfarrgemeinden mit über 60 Kirchenorten. Die im venezianischen Stil erbaute Basilika St. Clemens und ihr Kirchplatz bilden den Mittelpunkt des katholischen Lebens in der Region.

Jüdischer Aufschwung

Seit 700 Jahren ist jüdisches Leben in Hannover verbrieft. Nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelten sich nach und nach wieder vier jüdische Gemeinden und in jüngster Zeit nehmen sie einen sichtbaren Aufschwung: So hat die orthodoxe Chabat-Gemeinde den ehemaligen Bismarckbahnhof in der Südstadt als „Haus Benjamin“ zum Bildungs- und Begegnungszentrum umgebaut. Ihre Leiterin Shterna Wolff wurde vom Politikjournal Rundblick zur „Niedersächsin des Jahres 2021“ gekürt. In Ricklingen erstrahlt die erweiterte Synagoge des Jüdisch-bucharisch-sefardischen Zentrums seit kurzem in Knallblau. Ihr Herzstück ist eine neue Mikwe, ein Ritualbad mit Regenwasser.

In der Haeckelstraße im Stadtteil Bult steht die Synagoge der größten Jüdische Gemeinde Hannovers mit mehr als 5000 Mitgliedern. Sie unterhält auch einen Kindergarten, eine Sonntagsschule und ein Jugendzentrum, einen jüdischen Friedhof und Sozialdienste. Die Liberale Jüdische Gemeinde Hannover steht für ein weltoffenes, aufgeklärtes Judentum, wie es bis zum Zweiten Weltkrieg in Deutschland weit verbreitet war. In ihrem Gemeindezentrum Etz Chaim (Baum des Lebens) in Leinhausen treffen sich jüdische Menschen aus 16 Nationen zu religiösen und kulturellen Veranstaltungen, es gibt eine Kita, ein Jugendzentrum und eine Bibliothek.

Auch beim Thema Glaube lebt Hannover Toleranz und Vielfalt. Foto: © Jasminko Ibrakovic – fotolia.com
Auch beim Thema Glaube lebt Hannover Toleranz und Vielfalt. Foto: © Jasminko Ibrakovic – fotolia.com

Islamische Moscheen 

Rund 30 Moscheen gibt es in Hannover, von denen die meisten zum „Tag der Offenen Moschee“ am 3. Oktober ihre Türen für Interessierte öffnen. Die weiße Ahmadiyya-Moschee mit Kuppel und Minarett gilt als eine der schönsten, die beiden größten sind die Ayasofya-Moschee am Weidendamm und die Merkez-Moschee in der Stiftstraße. Schätzungen zufolge sind in Hannover mehr als 40 000 Muslim*innen zu Hause. Sie haben ihren prominentesten Vertreter in Oberbürgermeister Belit Onay: Der gebürtige Goslarer mit deutscher und türkischer Staatsbürgerschaft bezeichnet sich als liberalen Muslim.

Buddhismus, Hinduismus und Bahai

Eines der größten buddhistischen Klöster Europas steht nahe des Messegeländes: Die Pagode Vien Giác wurde in den 1990er Jahren errichtet und zählt heute zu den weltweit größten außerhalb von Vietnam. Ihr Gründer wurde unlängst mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Der Hannoversch-Tamilische Hindu-Kulturverein feiert seine täglichen Gottesdienste im Tempel in Empelde, einem der ersten hinduistischen Tempel in Norddeutschland. Und die Mitglieder der weltweit verbreiteten Religion der Bahai haben ihr Gemeindehaus in Bothfeld.

Das Haus der Religionen 

Die religiöse Landschaft sei wie ein Garten, in dem die unterschiedlichen Konfessionen wie verschiedene Blumen zur Schönheit beitragen, sagte der Buddhist Thich Nhu Dien, als er das Bundesverdienstkreuz bekam. Diese Idee ist im hannoverschen Haus der Religionen unter einem Dach zu erleben: In der ehemaligen Athanasius-Gemeinde in der Südstadt wurde das bundesweite Leuchtturmprojekt von zehn Religionen und Weltanschauungen gemeinsam aufgebaut. Sie präsentieren sich in einer multimedialen Dauerausstellung in begehbaren Boxen mit atmosphärischen Bildern und Filmen, Klängen und Farben.

Lange Nacht der Kirchen 

An einem Abend im September  öffnen zahlreiche Kirchen und Kapellen, Gemeindezentren und religiöse Einrichtungen ihre Türen und Tore. Alle Interessierten sind eingeladen, kulturelle Veranstaltungen zu besuchen oder einfach durch die sakralen Räume zu flanieren, sich treiben zu lassen und zu verweilen.

 

Infos

JBSZ Hannover
Chabad Hannover
Deutsch Vien Giac
Hannover.de
Bahá'í--Gemeinde Hannover
Haus der Religionen
Hindu Tempel Hannover
Jüdische Gemeinde Hannover
Katholische Kirche Region Hannover
Evangelisch-lutherischer Kirchenverband Hannover
Landeskirche Hannover
Liberale Jüdische Gemeinde Hannover